Während der Vermessungstechnikerausbildung durfte ich in meiner Lieblingslandschaft – dem Bucheggberg – ein Fachpraktikum absolvieren:
Nachfolgend der damals erstellte Schlussbericht über diese Arbeit:
Bericht
Von M.Santschi, Vermessungszeichner
Ueber die praktische Tätigkeit vom 1.9.69 – 30.11.69
bei der Wald – Neuvermessung in Schnottwil SO
Einleitung:
Die Zulassung zu den FachausweisprüfungDa mir die notwendige Routine auf dem Gebiet der Neuvermessung noch fehlte und ich mir dies auf der Vermessungsdirektion zuwenig aneignen konnte, bot mir der Vermessungsdirektor Häberlin die Gelegenheit, die verlangte Feldpraxis bei einem privaten Geometer zu absolvieren.Nach einer Anfrage beim kantonalen Vermessungsamt Solothurn wurde mir vom Bund bewilligt, für 3 Monate beim Ingenieurbüro Bernasconi & Schubiger in Grenchen, die Neuvermessung des Waldes in Schnottwil durchzuführen.Dieser Auftrag war für mich geradezu ideal, denn während meiner vorherigen Tätigkeit als Lehrling und Angestellter bei derselben Firma, wurde ich auch bei der Güterzusammenlegung und Vermarkung von Schnottwil eingesetzt. Die örtlichen Verhältnisse waren mir also nicht unbekannt. Mit grösstem Interesse begann ich am 1.September 1969 mit der Durchführung.
Entstehung der Grundbuchvermessung Schnottwil:
Die Gemeinde Schnottwil liegt im westlichsten Teil des solothurnischen Bucheggberges auf ca 500 m über Meer, an der Kantonsstrasse Büren an der Aare – Bern und grenzt im Norden, Westen und Süden an den Kanton Bern.
Die bis in die 70er Jahren gültige Vermessung erfolgte in den Jahren 1870 – 1880.
Da in Schnottwil zum grössten Teil Landwirtschaft betrieben wird und diese auf den stark zerstückelten Parzellen nicht mehr rationell und effizient ausgeführt werden konnte, drängte sich eine Güterzusammenlegung mit gleichzeitiger Drainage auf.
Diese erfolgte in den Jahren 1955 – 1962 und wurde 1962 – 1967 durch Geometer Reinhardt in Lohn neu vermessen.
Im Anschluss daran erfolgte die Zusammenlegung des Waldes durch das Ingenieurbureau Ramser in Grenchen.
Die Arbeiten inklusive Vermarkung wurden im Frühjahr 1969 abgeschlossen,
so dass nur noch die Neuvermessung des Waldgebietes durchgeführt werden musste.
Grundlagen:
Das Waldgebiet (Los 2) gehört in die Instruktionszone 2 und weist eine mittlere Neigung von 17 % auf, es besteht aus Privat- und Gemeindewald.
Der Privatwald ist stark parzelliert und weist viele Grenzpunkte auf, die Fläche beträgt 59 ha.
Als Grundlage für die Vermessungsarbeiten diente ein Vermarkungsplan 1 : 1000.
Für den Gemeindewald mit einer Fläche von 116 ha, musste nach der Rekognoszierung der vielen einzutragenden Kulturgrenzen (Wege, Bäche und Waldränder) erst noch eine Planunterlage erstellt werden.
Unterlagenbeschaffung:
Im Norden, Westen und Süden sind die Anschlussgrenzen mit bereits bestehenden Vermessungswerken identisch, dies bedingte die Beschaffung verschiedener Handrisse und Stationsblätter der Nachbarwerke, um diese teilweise zu übernehmen oder zu ergänzen.Zur Rekonstruktion der Kantonsstrasse Schnottwil – Wengi waren Akten einer früheren Mutation erforderlich, dabei entdeckte ich eine Differenz beim Verlauf der Kantonsgrenze Solothurn –Bern.Prüfung des InstrumentesFür sämtliche Aufnahmen wurde der Reduktions-Tachymeter „Kern DK-RT“ verwendet.Dieser Theodolit für Ablesungen an horizontaler Latte weist folgende Merkmale auf:
* Aufstellung mit Zentrierstativ
* Einfache Horizontierung mit Hilfe des optischen Mikrometers
* Direkte Ablesung der Meter an den Doppelbildlatten, die Zentimeter werden am Distanzmikrometer abgelesen.
* Höhenablesung gibt direkt den Tangenswert
Da ich noch nie mit einem solchen Theodolit gearbeitet hatte, instruierte mich ein Ingenieur-Geometer HTL über die wichtigsten Funktionen und Fehlerquellen des Instrumentes.
Auf einer Eichstrecke prüfen wir die Genauigkeit des Instrumentes und stellten den persönlichen Fehler fest, der keine Korrektur der Distanz bedingte.
Beim Instrument selber stellten wir einen Indexfehler bei der Höhenablesung fest.
Die + und – Ablesung in einer Lage vor- und rückwärts gemessen, ergaben für plus einen konstant höheren Wert als für minus.
Durch justieren der Koinzidenzlibelle erfolgte wohl ein Ausgleich bei der Höhenablesung in beiden Lagen, bei der Vor- und Rückwärtsmessung in einer Lage blieb es bei der Differenz.
Die späteren Berechnungen der Höhenmessung zeigten, dass das genommene Mittel richtig war. Hingegen liess die Koordinatenberechnung erkennen, dass das Instrument die Distanzen eher etwas zu lang mas.
Vermarkung:
Vor Beginn der Vermessungsarbeiten wurde die ganze Vermarkung geprüft und instand gestellt.Für die Aufnahmen im Privatwald mussten 8 bestehende Anschlusspolygonpunkte rekonstruiert und aufgerichtet werden, im Gemeindewald nur einer.Neue, zusätzlich zur Vermarkung nötige PP-Steine wurden insgesamt 13 Stück gesetzt.41 Grenzsteine mussten ebenfalls rekonstruiert und neu gesetzt werden.31 Grenzsteine die zum Teil wegen schlechter Verkeilung schief gedrückt waren, wurden aufgerichtet und neu befestigt.Von der alten Vermessung vorgefundene Marksteine wurden entfernt.Der Hauptanteil der Instandstellung hatte die den Gemeindewald durchquerende Kantonsstrasse, alle Steine waren zu tief oder infolge eines vor ca 3 Jahren statt gefundenen Erdrutsches wegen verschwunden.
An sonst befand sich die Vermarkung in sehr gutem Zustand.
Polygonierung:
Der Polygonnetzplan wurde vorerst auf dem Bureau entworfen und dem kantonalen Vermessungsamt Solothurn zur Begutachtung vorgelegt. Bis auf einige kleine Aenderungen war das Amt damit einverstanden.Die 5 wichtigsten Züge verlaufen ca in Nord-Süd-Richtung und verbinden die beiden bestehenden Vermessungswerke Schnottwil und Wengi (Kt.Bern).Strassen- und Bachverläufe ergaben die restlichen Züge, welche zum Teil ebenfalls an die vorhandenen Vermessungen anschliessen.Alle Polygonzüge gelten als Nebenzüge.Die Festlegung der Polygonpunkte auf dem Felde, führte ich parallel mit der Prüfung der Vermarkung durch.Im Privatwald, wo hauptsächlich Grenzpunkte aufzunehmen waren, benötigte es oft langes probieren bis ich für jeden Aufnahmepunkt die passende Visur und möglichst direkter Aufstellung fand.Im Gemeindewald, wo die PP-Punkte (mit Pfählen versichert) lediglich zur Aufnahme von Kulturgrenzen bestimmt war, gestaltete sich die Polygonierung etwas einfacher.
Einzige Schwierigkeiten ergaben sich hier in der Bestimmung der PP-Punkte zur Erfassung aller Bachpunkte, die meistens schlecht sichtbar waren.
Nachdem die Punkte bestimmt waren, kennzeichneten und lochten die Messgehilfen die PP-Steine. Forstpräsident und Förster beauftragte ich, die notwendigen Ausholzungen der Grenzen zu veranlassen.
Es folgte die bereits beschriebene Polygonierung und Instandstellung der Vermarkung im Gemeindewald.
Anschliessend begann ich am 24,Oktober mit den Aufnahmen, bei denen sich eine Höhenmessung erübrigte.
Zur Einmessung von Wegen und Bächen als Kulturgrenzen, diente die jeweilige Axe als Aufnahmepunkt, welcher mit der entsprechenden Breite im Handriss eingetragen wurde.
Mit den Bachaufnahmen, die sich durch den Laubfall in der Sicht verbesserten, beendete ich Mitte November die 95 Stationen umfassende PP-Messung im Gemeindewald.
Polygonzugsberechnung:
Die Koordinaten- und Höhenberechnung der Polygonpunkte von Los 2 (Wald) wurden im Berechnungsband von Los 1 (Feld) weitergeführt.Bei Beginn der Berechnungen bemerkte ich eine Unstimmigkeit der übernommenen Anschlussazimute gegenüber den aus den ausgeglichenen Koordinaten gerechneten Azimuten.Nach Anweisung von Herrn Schubiger (Büroinhaber) mussten für die Berechnungen die effektiv gemessenen Werte übernommen werden.Die 5 wichtigsten Züge wiesen alle einen regelmässigen Abschlussfehler auf, der wahrscheinlich auf eine Spannung zwischen den zwei Vermessungswerken Schnottwil und Wengi zurückzuführen ist, jedoch lag das fs knapp über der halben Toleranz.Die restlichen 30 Polygonzüge fielen im Abschluss alle unter die halbe Toleranz.Gesamthaft gesehen ist die durchschnittliche Toleranzausnützung aus folgender Aufstellung ersichtlich:
* Linearer Abschlussfehler ( fs ) = 32 %
* Winkelabschlussfehler = 13,6 %
* Höhenabschlussfehler = 11,4 %
Dazu ist zu bemerken, dass der Winkelabschluss beim ersten von mir gemessenen Zug und noch bei einem weiteren, > der Toleranz überschritt, was ein Ablesungsfehler vermuten lies und eine Nachmessung von drei Stunden zur Folge hatte.
Wie ich nach der Kontrolle feststellte, war in beiden Fällen ein Ablesungsfehler der Grund.
Nach Erstellen des Koordinatenverzeichnisses und das Ordnen der verschiedenen Akten, bildeten Ende November den Abschluss meiner dreimonatigen Tätigkeit.
Bemerkungen:
Abschliessend darf ich behaupten in den 3 Monaten sehr viel profitiert zu haben, verschiedene Unklarheiten über die praktische Neuvermessung erscheinen mir jetzt selbstverständlich.
Im Umgang mit dem Instrument und der Organisation der Feldmessung konnte ich mir die nötige Routine aneignen.
Herr Schubiger lies mich von Beginn an sehr selbständig arbeiten, ich bemühte mich dem entsprechend möglichst einwandfreie Arbeit zu leisten und hoffe die weitere Auswertung der Messergebnisse wird gute Resultate zeigen.
Ich möchte bei dieser Gelegenheit Herrn Vermessungsdirektor Häberlin, dem kantonalen Vermessungsamt Solothurn und Herrn Geometer Schubiger, die mir bewilligten diese Vermessung durchzuführen, den besten Dank aussprechen.
Die sonnigen, arbeitsreichen und interessanten Herbsttage 1969 werden mir in bester Erinnerung bleiben.
Bern, 9. Dezember 1969 M.Santschi Vermessungszeichner